Prof. em. Dr. Michael Hagner

Prof. em. Dr. Michael Hagner
Emeritierter Professor am Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften
Zusätzliche Informationen
Michael Hagner war vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Januar 2025 ordentlicher Professor für Wissenschaftsforschung an der ETH Zürich.
Geboren 1960 in Bochum, Deutschland, studierte er Medizin und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Nach der Promotion zum Dr. med. war er Postdoc am Neurophysiologischen Institut der FU (1987-89) und Visiting Scholar am Wellcome Institute for the History of Medicine in London (1989). Danach war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte der Medizinischen Universität Lübeck (1989-91) und am Institut für Geschichte der Medizin der Georg-August Universität Göttingen (1991-95) tätig, wo er sich 1994 an der Medizinischen Fakultät habilitierte. 1995 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, mit dem er an das Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin ging, wo er von 1997 bis 2003 als Senior Scientist arbeitete.
Hagner war Gastprofessor in Salzburg (1998), Tel Aviv (1999 und 2023), Frankfurt a. M. (2000), Bielefeld (2002) und Köln (2006). Er war Fellow am Collegium Helveticum der ETH Zürich (2001), an der Maison des Sciences de L’homme in Paris (2008) und am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften in Wien (2015/16). Hagner war Mitbegründer des NCCR Bildkritik/Eikones (2005-2017) sowie des Zürcher Zentrums für Geschichte des Wissens (2005-2022). Ausserdem ist er Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina sowie der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, deren Vizepräsident er von 2020 bis 2023 war.
Wichtigste Auszeichnungen: Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (2000); Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (2008); Wissenschaftspreis der Aby Warburg-Stiftung und der Martin Warnke-Medaille (2014). Seine Monographien Geniale Gehirne (2005) sowie Foucaults Pendel und wir (2021) waren für den Preis der Leipziger Buchmesse(Kategorie: Sachbuch/Essayistik) nominiert. (Für CV und Bibliographie siehe unten).
Seit den Anfängen haben sich die Forschungen der Science Studies-Gruppe auf problemorientierte Untersuchungen konzentriert, die die Entstehung von Theorien, Methoden und Praktiken in verschiedenen Bereichen der Natur- und Geisteswissenschaften beleuchten. Unsere Forschungsmethoden waren dem sogenannten „practical turn“ in den Wissenschaftsstudien verpflichtet. Da wissenschaftliches Wissen zwar in der Regel in spezifischen Räumen entsteht, aber oft erst durch den Transfer in andere soziale Räume an Dynamik gewinnt, haben wir uns für die Entstehung und Anpassung, Verbreitung und den Niedergang von Wissen in jeweiligen politischen, kulturellen und ökonomischen Kontexten interessiert. Damit war unsere Arbeit einem tieferen Verständnis derjenigen epistemischen Prozesse gewidmet, die Wissen für moderne Gesellschaften so wichtig machen. Dabei gingen wir stets von der Prämisse aus, dass eine Stärke unseres wissenschaftlichen und intellektuellen Selbstverständnisses darin liegt, Forschungsergebnisse sowohl einer spezialisierten scientific community als auch einem breiteren Publikum zu vermitteln, ohne dabei von sozialen Medien abhängig zu sein.
Die Forschungsinteressen lassen sich in vier Punkten zusammenfassen:
a) Die Rolle der Visualisierung und der Darstellungsmedien in den Wissenschaften, das Verhältnis von Wissenschaft und Kunst sowie die Geschichte der Fotografie.
b) Die Geschichte der Humanwissenschaften, der Neuro- und Lebenswissenschaften sowie der Kybernetik.
c) Das Verhältnis von Wissenschaft und Demokratie, von Wissenschaft und Aktivismus, insbesondere die historische Entwicklung des Gegenwissens.
d) Forschungen zur Geschichte des Buches und den Transformationen des akademischen Publizierens im digitalen Zeitalter.
Wissenschaftliches Publizieren im digitalen Zeitalter
Seit etwa 20 Jahren erleben wir einen tiefgreifenden Wandel im wissenschaftlichen Publizieren. Während Papier an Bedeutung immer mehr verloren hat, sind digitale Publikationen zumindest in den MINT-Fächern zur Regel geworden. Diese Entwicklung ist durch politische Initiativen wie Open Access und durch neue Geschäftsmodelle, die E-Books und andere digitale Publikationsformate vorantreiben, verstärkt worden. Unsere Forschungen gingen von der Hypothese aus, dass diese Veränderungen den Inhalt und die Beurteilung des wissenschaftlichen Wissens betreffen. Dabei konzentrierten wir uns auf die Konsequenzen von Open Access, auf die Rolle gedruckter Bücher sowie auf die Entwicklung neuer Publikationsformate. 2018 wurde an der Professur von einer Studentin und zwei Postdocs der intercom Verlag gegründet, ein nicht-kommerzielles Publikationsprojekt, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, traditionelle Buchkultur und Open access für geisteswissenschaftliche Publikationen miteinander zu verbinden.
In der Science Studies-Gruppe haben u. a. gearbeitet bzw. promoviert: Tina Asmussen, Ines Barner, Charlotte Bigg, Bernhard Boehm, Jan von Brevern, Kijan Espahangizi, Philipp Felsch, Peter Geimer, Stephan Graf, Nils Güttler, Caspar Hirschi, Sabine Hoehler, Hannah Kressig, Omar Nasim, Margarete Pratschke, Niki Rhyner, Marianne Sommer, Max Stadler, Karena Weduwen, Mario Wimmer, Vera Wolff, Monika Wulz.
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