Prof. em. Dr. Andreas Diekmann

Emeritierter Professor am Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften

Zusätzliche Informationen

Forschungsgebiet

Andreas Diekmann ist Professor emeritus der ETH Zürich, Seniorprofessor an der Universität Leipzig (2018 - ) und Dozent an der Universität Zürich (2021 - )

Forschungsschwerpunkte: Theorie sozialer Kooperation und Konflikt in sozialen Dilemmas, experimentelle Spieltheorie, Soziologie von Umwelt und Bevölkerung, Methoden empirischer Sozialforschung

Soziale Dilemmas beziehen sich auf Konfliktsituationen, in denen individuelle Interessen und kollektive Wohlfahrt im Widerspruch zueinander stehen. Ein zentrales Beispiel ist menschengemachter Klimawandel. Untersucht wird in Experimenten, Feldexperimenten oder auch mit Surveymethoden, unter welchen Bedingungen Personen „Trittbrettfahren“ oder kooperieren. Dabei stellt die Spieltheorie Modelle zur Verfügung, mit denen unterschiedliche Arten sozialer Dilemmas beschrieben werden können. Andreas Diekmann hat insbesondere Varianten nicht-linearer Kollektivgutspiele („volunteer’s dilemma“) entwickelt und im Experiment erforscht. Dieses Dilemma-Modell wird heute vielfach angewandt, nicht nur in den Sozialwissenschaften, sondern auch z.B. in Biologie und Informatik. Aktuelle Forschungen befassen sich mit der Frage, wie sich in Dilemmasituationen soziale Normen entwickeln und erhalten bleiben, obwohl sie sich wohlfahrtsmindernd auswirken und Betroffenen schaden können.

Anwendungen von Theorien kooperativen Handelns finden sich insbesondere in der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung. Umweltbewusstsein, Umweltverhalten und Umweltbelastungen in der Bevölkerung hat Diekmann mit Umweltsurveys untersucht, bei denen Haushaltsbefragungen mit geokodierten Registerdaten verknüpft wurden. Dabei sind die Umweltbelastungen einkommensschwächerer Schichten ebenso ein Thema wie die Analyse der Bedingungen, insbesondere auch von sozialen Normen und Institutionen, die umweltgerechtes Verhalten erst ermöglichen.

Ein weiterer Strang ist die sozialwissenschaftlichen Methodenforschung. Diekmann hat sich mit Anonymisierungstechniken bei Surveys („Randomized-Response-Technik“), statistischen Methoden zur Aufdeckung gefälschter Daten und mit der Weiterentwicklung und Anwendung von Modellen zur Analyse von Zeitintervallen („parametrische Funktionen von Hazardraten“) befasst.

Andreas Diekmann arbeitet interdisziplinär, greift auf Erkenntnisse sozialpsychologischer, ökonomischer und anderer Disziplinen zurück und orientiert sich am Programm einer analytisch-empirischen Sozialwissenschaft.

Aktuelles Forschungsprojekt

2022 - 2024 Entstehung sozialer Normen, gefördert von der DFG (DI 292/6-1)

Google Scholar https://scholar.google.de/citations?hl=de&user=4KJsLW0AAAAJcall_made

Research Gate https://www.researchgate.net/profile/Andreas-Diekmann-2/researchcall_made

Andreas Diekmann war seit 1. April 2003 bis zur Emeritierung am 1. August 2016 ordentlicher Professor für Soziologie im Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften der ETH Zürich. Er hat nach seiner Emeritierung die sozialwissenschaftliche Umweltforschungsgruppe, gefördert vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF), am D-GESS geleitet (2016-20) und ist seit 2016 als Dozent an der ETH (bis 2021) und seit 2021 als Dozent an der Universität Zürich tätig. 2017-2018 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und seit 2018 ist er Seniorprofessor an der Universität Leipzig.

Geboren 1951 in Lübeck, Deutschland, studierte er Soziologie und Psychologie in Hamburg und Wien. Nach der Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Hamburg war er als Assistent am Institut für Höhere Studien in Wien (1980-84) und als Akademischer Rat a. Z. an der LMU München tätig (1984-87), wo er sich 1987 an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät habilitierte (Dr. rer. pol. habil.). Anschliessend wurde er zum Wissenschaftlichen Leiter am "Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen" (ZUMA) in Mannheim (1987-1989) und zum Professor für Methodenlehre und Statistik an der Universität Mannheim (1989-1990) berufen. Von 1990 bis 2003 war er o. Professor an der Universität Bern.

CV Nationale Akademie der Wissenschaften, Leopoldina: https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Diekmann_Andreas_D.pdf

Google Scholar: https://scholar.google.de/citations?user=4KJsLW0AAAAJ&hl=en

Werdegang

seit 2018 Seniorprofessor an der Universität Leipzig
seit 2021 Dozent an der Universität Zürich
2016-2021 Dozent an der ETH
2016-2020 Leitung einer SNF-geförderten Umweltforschungsgruppe an der ETH Zürich
2017-2018 Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin
2003-2016 Professor für Soziologie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, Schweiz (emeritiert 2016)
1990-2003 Professor für Empirische Sozialforschung und Sozialstatistik und Co-Direktor des Instituts für Soziologie an der Universität Bern, Schweiz
1989-1990 Professor für Statistik und sozialwissenschaftliche Methodenlehre an der Universität Mannheim
1987-1989 Wissenschaftlicher Leiter am „Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen“ (ZUMA) in Mannheim
1987 Habilitation an der Ludwig-Maximilians-Universität München
1979 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Hamburg
1976-1987 Projektmitarbeiter und Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hamburg (76-80), dem Institut für Höhere Studien in Wien (80-84) und Akademischer Rat auf Zeit an der Universität München (84-87).
1970- Studium der Soziologie und Psychologie in Hamburg und Wien mit Schwerpunkten in Sozialpsychologie, VWL, Statistik und Methoden. Diplom in Soziologie (1975)

Funktionen

Seit 2022 Sprecher der Klasse IV Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
Seit 2023 Advisory Board “From Prediction to Agile Intervention Research in the Social Sciences” (FAIR), University of Dortmund, 2023 -
seit 2020 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Hans-Albert-Instituts
seit 2019 Mitglied im Konzil der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS)
2018-2022 Stellv. Sprecher der Klasse IV Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Leopoldina. 2010-2019 Senator der Leopoldina, Sektion Ökonomik und Empirische Sozialwissenschaften
seit 2018 Mitglied im Beirat des Centro Stefano Franscini, Ascona und ETH Zürich
seit 2018 Mitglied im Beirat von SCOOP – Sustainable Cooperation. Graduate School Groningen, NL
seit 2018 Mitglied im Technical Advisory Board des “US-India Smart Distribution Systems”, Washington State University, USA
seit 2018 Mitglied im Beirat Umweltbewusstseinsstudie, Umweltbundesamt, Berlin
2016-2021 Mitglied in der Expertenkommission der Österreichischen Akademie für Wissenschaftliche Integrität
seit 2010 Mitglied im Vorstand der Sektion „Modellbildung und Simulation“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (2000-2010 Vorsitzender)
2010-2012 Mitglied im Auswahlkomitee für die Alexander von Humboldt Professur der Humboldt-Stiftung
2008-2017 Mitglied im Beirat, Institut für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung (IAB)
2006-2008 Mitglied des Evaluations-Komitees Soziologie des Wissenschaftsrats
2005-2009 Mitglied im Konzil der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS)
2002-2006 Mitglied im Fachbeirat der Stiftung Mensch, Gesellschaft, Umwelt (MGU), Universität Basel
2001-2020 Mitglied im Beirat „Allgemeine Bevölkerungsumfrage“ (Allbus), GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften
seit 1999 Mitglied im Beirat des Deutschen Jugendinstituts (DJI) München
Mitherausgeber und Beiratsmitglied mehrerer wissenschaftlicher Fachzeitschriften

Auszeichnungen und Mitgliedschaften

2017-2018 Fellow Wissenschaftskolleg zu Berlin
2015 American Sociological Association, Section Rationality and Society Best Paper Award
2015-2016 European Survey Research Association, Best Paper Award “Survey Research Methods”
2012 Heisenberg-Medaille der Alexander von Humboldt-Stiftung
2001 - Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
2000 - Fellow der European Academy of Sociology
Dissertations-Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes
Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Vereinigungen: Akademie für Soziologie, Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS), Verein für Socialpolitik (VfS), International Sociological Association (ISA), American Sociological Association (ASA) u.a.

CV PDF

Weitere Informationen

Selected journal articles

Diekmann, A., Bruderer Enzler, H., Hartmann, J., Kurz, K., Liebe, U., Preisendörfer, P. 2022, Environmental Inequality in Four European Cities: A Study Combining Household Survey and Geo-Referenced Data, European Sociological Review: 1–18. https://doi.org/10.1093/esr/jcac028call_made (open access)

Diekmann, Andreas, 2022, Emergence of and compliance with new social norms: The example of the COVID crisis in Germany. Rationality and Society: 1-26. DOI: 10.1177/10434631221092749. (open access)

Przepiorka, Wojtek and Andreas Diekmann, 2021. Parochial cooperation and the emergence of signalling norms. Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, theme issue on “The language of cooperation: reputation and honest signalling”, edited by Szabolcs Számadó, Daniel Balliet, Francesca Giardini, Eleanor Power and Karoly Takács. https://doi.org/10.1098/rstb.2020.0294call_made

Liebe, Ulf, Gewinner, Jennifer, Diekmann, Andreas, 2021. Green Energy Defaults Have Massive and Persistent Effects in the Household and Business Sector. Nature Human Behaviour 5: 576–585 doi.org/10.1038/s41562-021-01070-3call_made.

Wolter, Felix and Andreas Diekmann, 2021. False Positives and the„More-is-Better“ Assumption in Sensitive Question Research: New Evidence on the Crosswise Model and the Item Count Technique“, Public Opinion Quarterly 85: 836-863. https://doi.org/10.1093/poq/nfab043call_made

Bruderer Enzler, Heidi; Diekmann, Andreas, 2019. All Talk and No Action? Environmental Impact and Pro-Environmental Behavior: Correlations to Income and Environmental Concern, Energy Research and Social Science 51: 12-19.

Bruderer Enzler, Heidi; Diekmann, Andreas; Liebe, Ulf. 2019. Environmental Concern and Future Orientation as Determinants of Household Electricity Use. Journal of Environmental Psychology 62: 22-29.

Diekmann, Andreas and Wojtek Przepiorka, 2016. “Take One for the Team!” Individual heterogeneity and the emergence of latent norms in a volunteer’s dilemma. Social Forces 94 (3): 1309-1333. doi: 10.1093/sf/sov107 (online October 2015).

Berger, Joel and Andreas Diekmann, 2015. The Logic of Relative Frustration: Boudon's Competition Model and Experimental Evidence. European Sociological Review 31(6):725-737.

Diekmann, Andreas and Wojtek Przepiorka, 2015. Punitive preferences, monetary incentives and tacit coordination in the punishment of defectors promote cooperation in humans. Scientific Reports (Nature Publishing Group).

Diekmann, Andreas, Przepiorka, Wojtek, Rauhut, Heiko, 2015. Lifting the Veil of Ignorance: An Experiment on the Contagiousness of Norm Violations. Rationality and Society 27: 309-333.

Diekmann, Andreas, Ben Jann, Wojtek Przepiorka, Stefan Wehrli, 2014. Reputation Formation and the Evolution of Cooperation in Anonymous Online Markets. American Sociological Review 79: 65-85.

Bruderer-Enzler, Heidi, Diekmann, Andreas, Meyer, Reto, 2014. Subjective Discount Rates in the General Population and their Predictive Power for Energy Saving Behavior. Energy Policy 65: 524-540.

Przepiorka, Wojtek and Andreas Diekmann, 2013. Individual Heterogeneity and Costly Punishment: A Volunteer’s Dilemma. Proceedings of the Royal Society B Biological Sciences 280.

Wojtek Przepiorka and Andreas Diekmann, 2013. Temporal Embeddedness and Signals of Trustworthiness: Experimental Tests of a Game Theoretic Model in the United Kingdom, Russia, and Switzerland. European Sociological Review 29: 1010-1023.

Diekmann, Andreas, 2012. Making Use of ‘‘Benford’s Law’’ for the Randomized Response Technique. Sociological Methods and Research 41(2): 325–334.

Diekmann, Andreas, 2011. Are Most Published Research Findings False? Journal of Economics and Statistics 231 (5+6): 628-635.

Diekmann, Andreas and Ben Jann, 2010: Benford’s Law and Fraud Detection. Facts and Legends, German Economic Review 11: 397-401.

Diekmann, Andreas, 2007: Not the First Digit! Using Benford’s Law to Detect Fraudulent Scientific Data, Journal of Applied Statistics 3/34:221-229.

Diekmann, Andreas, 2004: The Power of Reciprocity. Fairness, Reciprocity, and Stakes in Variants of the Dictator Game. Journal of Conflict Resolution 4/48:487-505.

Diekmann, Andreas and Kurt Schmidheiny, 2004: Do Parents of Girls Have a Higher Risk of Divorce? An Eighteen Country Study. Journal of Marriage and Family 66: 651-660.

Diekmann, Andreas and Peter Preisendörfer, 2003: Green and Greenback. The Behavioral Effects of Environmental Attitudes in Low-Cost and High-Cost Situations. Rationality and Society 4/2003, 15: 441-472. London: Sage.

Diekmann, A. and Engelhardt, H., 1999: The Social Inheritance of Divorce: Effects of Parent’s Family Type in Postwar Germany, American Sociological Review, 64, 6/1999: 783-793.

Diekmann, Andreas and Franzen, Axel, 1999: The Wealth of Nations and Environmental Concern, Environment and Behavior 31: 540-549.

Diekmann, Andreas and Preisendörfer, Peter, 1998: Environmental Behavior: Discrepancies between Aspirations and Reality, Rationality & Society, 10: 79-102.

Diekmann, Andreas, 1993: Cooperation in an Asymmetric Volunteer's Dilemma Game. Theory and Experimental Evidence. In: International Journal of Game Theory 22: 75-85.

Diekmann, Andreas, 1992: The Log-logistic Distribution as a Model for Social Diffusion Processes, Journal of Scientific and Industrial Research, 51: 285-290.

Diekmann, Andreas, 1989: Diffusion and Survival Models for the Process of Entry into Marriage, Journal of Mathematical Sociology, 14: 31-44.

Diekmann, Andreas, 1985: Volunteer's Dilemma, Journal of Conflict Resolution 29: 605-610.

Diekmann, Andreas and Mitter, Peter, 1983: The Sickle Hypothesis. A Time Dependent Poisson Model with Applications to Deviant Behavior and Occupational Mobility, Journal of Mathematical Sociology 13: 85-101.